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Brooklyn 6G Summit 2022

So wird die 6G Vision zur Realität


28.10.2022, New York, Leipzig;

Vom 24.-26. Oktober fand in New York der “Brooklyn 6G Summit” statt. Diese Konferenz ist eines der wichtigsten Branchentreffen für Vertreter aus Forschung, Industrie und Regierung.

Dabei werden sowohl übergreifende Themen wie Vision und Strategie behandelt, als auch technische Aspekte auf Ebene von Frequenzen, Bits und Bytes.

Technisch gesehen gibt es 6G in diesem Sinne noch gar nicht. Theoretisch könnte es aber vieles sein und auf aktuellen Netz- und Technologietrends aufbauen, um eine völlig neue Art von Internet zu schaffen.

Unser Korrespondent war vor Ort und hat sich ein Bild gemacht, wo die Branche aktuell steht und wo die Reise hingeht.



Standortbestimmung - wo steht 5G, und wann kommt 6G?

Klar ist: Bis die neue Technologie genutzt werden kann, müssen wir uns noch gedulden - die Experten sind sich einig, dass wir von 6G voraussichtlich vor dem Jahr 2030 nicht viel sehen werden.

Es wird aber auch nicht zu einem harten Wechsel kommen, denn 6G ist der logische Evolutionsschritt der heutigen Netzwerke. Ein 6G-Netz knüpft an 4G und 5G an und nutzt höhere Frequenzbänder sowie eine agile, cloud basierte Netzwerktechnologie, um rekordverdächtige Geschwindigkeiten und Latenzzeiten im Mikrosekundenbereich zu ermöglichen.

Zwischen dem aktuellen 5G Netzwerk und 6G stehen noch 3 klar definierte Zwischenschritte, wie zum Beispiel 5G Advanced. Die Funktionen von Release 16 und 17 der 5G-Technologie die Unterstützung von Time-Sensitive Networking (TSN) und Ultra-Reliable Low-Latency Communications (URLLC) sowie IoT und Positionierung mit reduzierter Kapazität (RedCap) mit sich bringen.



Während sich das 5G-Zeitalter zur 6G-Ära weiterentwickelt, ist klar, dass kein einziges Unternehmen alle dafür erforderlichen Elemente entwickeln kann. Vielmehr ist eine übergreifende Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wissenschaft erforderlich, um die neuen Netze zum Leben zu erwecken.

Was muss man sich unter 6G eigentlich vorstellen?

Der Hauptvorteil von 6G besteht darin, dass es die sofortige Kommunikation von Telefonen, Computern, tragbaren Geräten, Robotern und vielem mehr ermöglicht.

Dabei ist der Netzzugang via Mobiltelefon nur ein Aspekt. Die neuen Netzwerke unterstützen auch automatisierte Autos, Smart-Home-Netzwerke, Einsatzzwecke in der Industrie etc. und ermöglichen damit eine nahtlose Verbindung zwischen dem Internet und allen Dingen des Alltags.

Ein vielversprechender Aspekt von 6G liegt in zusätzlichen Möglichkeiten, die mit bisherigen Mobilfunknetzen nicht möglich waren. Damit wird das mobile Netzwerk von einer Infrastruktur zu einer Plattform und kann viele neue Anwendungsfälle von Haus aus unterstützen.

Konnektivität wird damit so selbstverständlich wie die Luft zum Atmen. Die Auswirkungen auf das tägliche Leben und die Gesellschaft sind mannigfaltig.

Was sind die Schlüsseltechnologien?

Technologien, welche die 6G-Ära definieren werden, sind das Metaverse (XR/VR/AR, digitales Twinning), native künstliche Intelligenz (KI) & Maschinenlernen (ML), das Netzwerk als Sensor und auch neue Spektrums Technologien, um eine durchgängig maximale Bandbreite sicherzustellen.

Werfen wir also einen genaueren Blick auf diese Technologien und ihre Auswirkungen auf die 6G-Forschung und -Innovation.

Metaverse

Das Metaverse ist nicht von einem einzelnen Gerät oder einer einzelnen Hardware abhängig, sondern von der Kombination und Entwicklung komplementärer Technologien.

Was auch immer die Zukunft bringt, eines ist sicher: Alle Beteiligten müssen weiter zusammenarbeiten, damit Technologien geschaffen werden, von denen die ganze Welt profitiert.

Der Nokia CEO Pekka Lundmark betonte in seiner Keynote Präsentation, dass kein Unternehmen allein alle für das Metaverse erforderlichen Elemente schaffen kann. Es bedürfe stattdessen einer Industrie-übergreifenden Zusammenarbeit, um es aufzubauen, Lösungen und Werte zu schaffen und gemeinsam die großen globalen Herausforderungen wie Energie, Klima, Produktivität, Chancengleichheit, Gesundheitsversorgung, Bildung, Arbeitsplätze und so weiter lösen zu können.

Dabei wird sich auch der Zugang zur Technologie verändern. Nokia prophezeit, dass die steigende Nachfrage nach Augmented-Reality-Geräten letztlich mehr Menschen in Richtung Metaverse locken wird und das Smartphone an Relevanz verliert.

Hemanth Sampath, Senior Director für Engineering und Head of 5G R&D - was auch Extended Reality (XR), Metaverse, Cloud Gaming und private Netzwerke beinhaltet - zeigt anschaulich auf, was mit der Snapdragon Plattform heute bereits für eine breite Produktpalette unterstützt wird.



6G wird auch holografische Kommunikation ermöglichen. Star Trek wird damit einmal mehr Realität, und es wird so sein, als würde man in eine Umgebung teleportiert und an einem Objekt im selben Raum arbeiten wie die anderen Teilnehmer.

Preis und Form sind für die Verbraucher dabei wichtiger als für Unternehmen, denn eine breite Akzeptanz wird entscheidend sein, damit das Multiverse durchstarten kann. Dies wird auch von der Verfügbarkeit erschwinglicher, ergonomischer, drahtlos verbundener VR- und AR-Geräte abhängen.

Ein spannendes Panel gab weitere Einblicke in das Thema (Teil 1 und Teil 2).





Das Netzwerk als Sensor

Die 6G-Netze der Zukunft werden ihre Umgebung wahrnehmen und ermöglichen damit ein digitales Abbild der physischen Welt. Dieses digitale Bewusstsein kann künftig dafür sorgen, dass uns das Netz einen digitalen sechsten Sinn zur Verfügung stellt. Damit ergeben sich vielfältige Anwendungsfälle, um die Interaktionen zwischen Menschen und Maschinen zu verbessern.

Dr. Andreas Mueller, Bosch’s Chief Expert für Communication Technologies für IoT sieht in Bezug auf spezifische 6G-Anwendungsfälle die gemeinsame Kommunikation und Sensorik für alles Mögliche.

Das umfasst die Optimierung der Routenführung von Fahrzeugen in einer Stadt, die Einrichtung lokaler industrieller Sicherheitszonen, z. B. im Umfeld von Roboter Operationen, bis hin zum Ersatz von Zäunen oder Videokameras durch Funkerfassung von Personen, die auch die Privatsphäre des Einzelnen besser schützen. Laut Mueller gibt es dabei noch viele Herausforderungen.

Um diese technischen Hürden zu adressieren, hat Muriel Médard vom MIT verschiedene Studien mit ihren StudentInnen gemacht - und bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt, die 6G weiter voranbringen werden.





Digitale Zwillinge für physische Elemente

Wenn jede Aktion in der digitalen Welt Auswirkungen auf die physische Welt hat, dann ist es entscheidend, dass der digitale Zugang zu Menschen, Orten und Branchen gebracht wird, die noch nicht versorgt sind. Heute sind noch fast 3 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt nicht ans Internet angeschlossen.

Das Versprechen lautet, dass 6G das menschliche Potential freisetzen wird. Die physische Welt verschmilzt mit den digitalen Welten und setzt neue Möglichkeiten frei. Das wird sukzessive die Art und Weise verändern, wie wir leben und arbeiten.

Künftig wird es keinen Bereich der physischen Welt geben, der von der digitalen Technologie unberührt bleibt - Flughäfen, Schulen, Fabriken, Krankenhäuser, Häfen, Energienetze, Wassernetze, Landwirtschaft, Gesundheitswesen, Industrie, …

Menschen werden von alltäglichen Aufgaben entlastet, und Maschinen übernehmen diese. Das schafft mehr Raum für das, was Menschen am besten können: kreative Probleme lösen und strategisches Denken nutzen.



Zur Veranschaulichung das Beispiel eines digitalen Zwillings für ein Stromnetz. Das australische Unternehmen Fullgrow hat dafür einen Prototyp in Tasmanien entwickelt, um in Echtzeit das Brandrisiko für Stromleitungen durch die Vegetation aufzuzeigen - eine der Hauptursachen für Waldbrände.

Oder der digitale Zwilling eines experimentellen Kernreaktors: Das Argonne National Laboratory des US-Energieministeriums verwendet diesen als Teil seiner Forschung und Entwicklung für einen Kernreaktor der nächsten Generation.

200 Wissenschaftler unter der Leitung eines Teams der University of Florida und der Indiana University haben Pläne zur Schaffung eines digitalen Zwillings des Immunsystems vorgelegt, der einen großen Durchbruch für die Präzisionsmedizin und die Behandlung von Krankheiten wie Krebs und COVID-19 bedeuten würde.

Diese Beispiele zeigen, dass neue Technologien bereits heute Lösungen für reale Probleme ermöglichen. Mit 6G wird das Potenzial noch viel größer, als wir es uns heute vorstellen oder vorhersagen können.

Native künstliche Intelligenz (KI) & Maschinenlernen (ML)

Eine dynamische KI/ML-Schnittstelle versetzt Funkgeräte in die Lage, voneinander und von ihrer Umgebung zu lernen. Dieses Konzept hat sich bereits bei mehreren US-amerikanischen 6G-Organisationen durchgesetzt, um durch den Einsatz von KI-Techniken die Robustheit, Leistung und Effizienz der Funkschnittstelle zu erhöhen. Damit wird für unterschiedlichste Daten Verkehrsarten, extrem dichte Einsatz Topologien und schwierigere Frequenz Situationen die Leistung verbessert.

Durch den Einsatz von KI und maschinellem Lernen kann auch eine breite Palette von unternehmenskritischen Funktionen unterstützt werden. Und da viele sensible und vertrauliche Daten von Einzelpersonen und Unternehmen durch die Netze fließen, muss dafür gesorgt werden, dass es keine Lecks gibt.

Web 3.0 und Dezentralisierung können dabei helfen, das notwendige Vertrauen zu schaffen und den Leistungsanforderungen gerecht zu werden, ohne Kompromisse bei der Sicherheit und Zuverlässigkeit einzugehen.



Extreme Konnektivität und neue Spektrums Technologien

Um die enorme Nachfrage nach Bandbreite in der 6G-Ära zu befriedigen, ist eine 20-fache Steigerung der Netzwerkkapazität gegenüber dem heutigen Standard notwendig.

Die zunehmenden Datenmengen und der erhöhte Bedarf an Datenverarbeitung in der Nähe des Endpunkts sorgt für neue Anforderungen. Die Netze müssen eine Latenzzeit von 100 Gigabit pro Sekunde im Sub-Millisekundenbereich bieten und in bestimmten Fällen sogar eine höhere Zuverlässigkeit.

Dies ist nur durch neue Frequenzen in den Bereichen 3 GHz bis 300 GHz und MIMO-Systeme (Multiple Input und Multiple Output) möglich. MIMO-Technologien mit höherer Kapazität sind der effektivste Weg, um die neuen Frequenzen effektiv zu nutzen.

Nokia sammelt bereits mit Laborversuchen und Pilotprojekten mit AT&T erste Erfahrungen und leistet einen wichtigen Beitrag zu verbesserten MIMO-Techniken und weiteren kapazitäts-steigernden Technologien wie neue Physical-Layer-Designs, hybrides Beamforming, effizientere Leistungsverstärker, reflektierende intelligente Dienste und Netzverdichtung.

6G will aber weit mehr sein als nur eine schnellere Netzwerktechnologie. Der Schwerpunkt liegt auf Nachhaltigkeit, Offenheit, Sicherheit und Datenschutz, und selbstverständlich werden die heutigen Schlüsselkriterien Geschwindigkeit, Kapazität und Latenz weiter ausgebaut.

Dabei ist die Antizipation künftiger Anforderungen ein wichtiger Bestandteil. Ein gutes Beispiel dafür ist der Versuch, den Nokia mit passiven optischen Netzen letztes Jahr mit Vodafone durchgeführt hat.

Dabei wurden rekordverdächtige Geschwindigkeiten von bis zu 100 Gigabit pro Sekunde erreicht - also 100 Gigabit pro Sekunde auf einer einzigen Wellenlänge. In einem passiven optischen Netz! Das ist bis zu zehnmal schneller als viele der modernsten Netze, die heute verfügbar sind.

Und da immer mehr Unternehmen Teile ihrer Tätigkeiten im industriellen Metaverse ausführen werden, benötigen die Netze mehr Kapazität und höhere Geschwindigkeiten. Und sie müssen auch widerstandsfähiger, flexibler und intelligenter werden.

Dafür ist zum Beispiel zu klären, wo das Core Netzwerk ist. Bei 5G liegt dieses beim Operator, was den Zugriff auf die Konnektivität beeinflusst. Soll Core und RAN in der Cloud sein? Welche Intelligenz soll bereits in der Funkzelle zur Verfügung stehen, um die Latenzzeit zu minimieren und einen hohen Datendurchsatz zu erzielen? Das sind Fragen, mit welchen sich die Marktteilnehmer beschäftigen müssen.

Nachhaltigkeit und Klimawandel

Durch die erhöhte Nutzung in allen Bereichen des menschlichen Lebens wird auch das Thema Nachhaltigkeit schnell zu einem Begriff, der Hand in Hand mit 6G geht.

Angesichts der Tatsache, dass der Klimawandel eine dringende globale Krise ist, stellt sich die Frage, was die Mobilfunkbranche heute tun kann, um schnell die größtmögliche Wirkung zu erzielen.

Der Unterschied zwischen 5G und 6G besteht darin, dass 6G von Anfang an auf Nachhaltigkeit ausgelegt werden soll, während es bei 5G vor allem um Leistung geht.

Die Nutzer Geräte und deren Stromverbrauch stehen dabei im Fokus, da fast die Hälfte aller Emissionen dadurch entfallen. Um die Möglichkeiten einer nachhaltigen Architektur auszuschöpfen, muss das Design im Mittelpunkt stehen und interoperabel die Technologien der Hersteller unterstützen.

Es wird nicht leicht sein, eine Branche umzukrempeln, die sich darauf konzentriert, die Nutzung drahtloser Netzwerke zu erhöhen, indem sie mehr Bandbreite bereitstellt und schnellere Netzwerkgeschwindigkeiten ermöglicht.

Was passiert als nächstes auf dem Weg zu 6G?

Die Welt nutzt bereits heute die vielen Vorteile von 5G wie schnellere Download-Geschwindigkeiten, intensivere Spielerlebnisse und innovative Anwendungen.

Was vor 5G noch wie Science-Fiction aussah, ist in relativ kurzer Zeit zur Realität geworden, da Anwendungen nun in großem Umfang mit der erforderlichen Erlebnisqualität bereitgestellt werden können. Dieser Weg wird uns bald zu 5G Advanced und dann zu 6G führen.

Da sich 6G noch in einem relativ frühen Forschungs- und Entwicklungsstadium befindet, gibt es derzeit noch keine offiziellen Standards für die Technologie. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine Bewegung in Richtung dieser Standards gibt. Es werden neue Anwendungsfälle entwickelt und Technologie-Roadmaps erstellt.

Im Jahr 2030 wird unsere Gesellschaft noch weit stärker von den neuen Möglichkeiten der 5G-Technologie geprägt sein, und viele der kommenden Anwendungen werden nahtlos in die 6G Evolution übergehen.

6G wird hier sein, bevor dieses Jahrzehnt vorbei ist - aber nicht ausschließlich fürs Telefon, sondern überall um uns herum. Es wird unser Leben und Arbeiten auf mehr Arten und Weisen beeinflussen, als wir es uns heute vorstellen können. Ready?



Bilderquelle: © 6g-anbieter.de